Lange hatte ich mich darauf vorbereiten können, war ich doch schon 2020 für diesen Wettkampf gemeldet. Aber wie ich so bin, sobald ein Wettkampf abgesagt wird, oder besser gesagt ansteht, fehlte mir die Motivation zum Training. Daher waren die Trainings-Kilometer in den Jahren 2020 und 2021 auch eher dürftig. Erst als die Sicherheit wuchs, 2022 am Ironman Kalmar teilnehmen zu können, wuchs auch die Motivation in mir wieder. So waren die größeren Umfänge auch nötig, die ungewollten Pfunde der Vorjahre erst einmal wieder abzubauen. Am Ende stimmte dann doch alles irgendwie wieder. Die Form war tadellos vorhanden, die Klamotten passten auch wieder ohne zu spannen, und ich fühlte mich echt gut. Auch war es ungewohnt, dass ich im Vorfeld weniger Nervös war, als bei all den Wettkämpfen vorher. Wenn das kein gutes Zeichen war?

Die Anreise nach Kalmar machten wir als Familie im schicken Wohnmobil, welches für knapp 3 Wochen unser Zuhause sein sollte. Familiengerecht mit wenig Kilometern am Tag, Besuchen am Strand und in Dinosaurier-Parks für die Kinder und die Seele, kamen wir dann doch eher gestresst in Kalmar an. 2 wuselnde Kinder in einem gemieteten Wohnmobil, wo vieles kaputt gehen kann, nichts aber kaputt gehen sollte, nötigte doch unsere gesamte Aufmerksamkeit von früh bis abends.

Die Registrierung war dann doch schnell erledig, die “Expo”, wie Ironman die lächerliche Schau der Sponsoren nennt, war auch schnell abgehakt, aber dennoch gab’s im Ironman-Store das obligatorische Erinnerungs-Shirt an den Wettkampf. Ob man’s braucht oder nicht, haben will man es am Ende dann doch irgendwie.

Am Abend zurück am Zeltplatz nutzte ich die Möglichkeit, die Hilfe vom Großen anzunehmen, der sichtlich Spaß hatte, Wechselbeutel zu bekleben. Ich sortierte die Ausrüstung entsprechend, und er kontrollierte gewissenhaft. Da kann ja auch nichts schief gehen!

Freitag war Bike Check-In. Ungewöhnlich, da ich sonst sonntags die Wettkämpfe hatte. Mit den gepackten Wechselbeutel ging es in Richtung Wechselzone. Die Kinder wollten an einem Spielplatz auf dem weg im die Stadt bleiben. Kein Problem, dachte ich und spazierte weiter. Wie aus dem nichts fuhr es mir ins Kreuz. Hexenschuss beim Schieben des Rades. Darf man auch niemand erzählen! “Hoffentlich ist das morgen weg“, dachte ich mir so einfach.

Am Campingplatz zurück wurde massiert und gedehnt, aber die Nacht zeigte, dass es nicht besser wurde. DNS nach drei Jahre warten? Kann es doch auch nicht sein, oder? Ich entschloss mich, diese Entscheidung so spät wie möglich zu treffen. In der Wechselzone noch alle vorbereitet, und die restliche Zeit bis zum Start der Profis um 6:55 Uhr rumgelungert. Davon war reichlich vorhanden, da ich bereits am Campingplatz eine Mitfahrgelegenheit fand, und somit nicht 45 Minuten laufen musste.

Als ich am Schwimmstart stand, war der Entschluss gefasst, es einfach so weit es ging zu probieren. Jedenfalls, soweit es ging.

Aufgrund der Erfahrung beim Schwimmen under der Ergebnisse aller Wettkämpfe bisher, reihte ich mich bei 1:30 h ein. Das wären 10 Minuten besser als in Roth. 500 m dauerte es, bis ich meinen Rhythmus fand. Bis dahin dauerte es, bis mir klar wurde, dass es ein harte Tag werden würde. Jedenfalls machte das “Nach links atmen” keine Probleme, also schön ruhig nach links atmen und Zug um Zug nach vorne. Heute war das schwimmen auch irgendwie anders. Ich überholte auch Leute. Hah! Das gab’s wohl auch noch nie. Am Ende waren es weniger als 90 Minuten fürs Schwimmen. Sehr gut!

T1 war dann das komplette Chaos. Kurz vorm Verlassen festgestellt, dass der Tacho fehlt. Also zurück, und erst knapp 9 Minuten später am Rad gesessen. Was war denn da in meinem Kopf los?

Die Beine fühlten sich von Beginn an gut an. Vielleicht wird es doch nicht so schlimm? Von T1 ging es auf direktem Weg zur Ölandbrücke, die sonst für den Radverkehr gesperrt ist, und auf der heute eine Spur freigegeben wurde, um die ersten 110 km auf der Insel Öland abzuspulen. Landschaftlich ein Traum, Höhenmeter dafür kaum. 610 Hm zeigte die Uhr am Ende. 34 km/h im Schnitt konnten sich auch sehen lassen.

Hier war die Welt noch in Ordnung

Naja, zu früh gefreut. 60 km auf der Uhr und die Aero-Position konnte nicht mehr lange gehalten werden. Obendrein drehte der Wind und kam oft von vorne. So war das regelmäßige Dehnen auch eher ein Segel als aerodynamisch. Solange die Beine mich nicht im Stich lassen, ist alles ok. Am einzigen “Anstieg” hatte ich dann auch noch starken Gegenwind, so dass diese wenigen Höhenmeter so keinen Spaß machten. Nachdem die Ölandbrücke am Rückweg hinter einem gelassen wurde, ging es noch 70 km nördlich von Kalmar durch viele kleine Vororte. Dieser Abschnitt war dann auch technisch bisschen anspruchsvoller. Mit Kehren und engeren Kurven, musste man schon mehr aufpassen als vorher. Die Wechselzone errichte ich dann nach 5:45 h. Für die 180 km waren das dann doch mehr als ok für meinen körperlichen Zustand heute.

Der Wechsel zum Laufen klappte, und die ersten Kilometer fühlten sich gut an. Die Wunsch-Pace von 5:10-5:20/km ging dann nach wenigen Kilometern flöten, als sich der Rücken mehr und mehr bemerkbar machte. Drei Runden galt es zu absolvieren. Von T2 durch die Altstadt hinaus in einen Vorort und zurück durch ein kleines Leichtathletikstadion fürs Rundenbändchen. Durch einen Park und an T2. Meine Familie kurz nach T2 zu sehen war Balsam! Mit Tränen in den Augen vergaß ich für wenige Sekunden meine Schmerzen und fasste neuen Elan das Ding heute zu Ende zu bringen. Egal wie lange es dauert. Mein Sohn wollte, das ich gewinne. Ich versprach ihm aber, so schnell zu sein, wie es geht. Es war heute nur nicht so schnell, wie gewünscht.

Wie sagte einmal ein großer und erfolgreicher Nürnberger Triathlet zu mir? “Beim Marathon angekommen, schafft man es auch ins Ziel, und wenn man auf allen vieren hindurch krabbelt”. So weit wollte ich es dann doch nicht kommen lassen, aber es stärkte ungemein die Gewisseheit, am Ende berühmte IM-Finishline zu überqueren. Und die Tatsache, dass der Support entlang der Strecke einfach gigantisch war! Nachdem meine Hochrechnungen eine Zielzeit über 12 Stunden prognostizierte, entschloss ich mich, mehr und mehr die Stimmung entlang der Strecke zu genießen als mit Gewalt rennen zu wollen. “You are an Ironman” ertönte für mich am Ende nach 12:30 h. Nicht von Mike Reilly persönlich, aber von jemand, dessen Worte genauso wirkten.

Am Ende musste ich mir eingestehen, dass nicht mehr drin war. Das Teil überhaupt ins Ziel zu bringen, war heute Triumph für mich genug. Die Zeit kommt dann auch irgendwann wieder!

Ich habe mich selten über ein so schlechtes Rennen gefreut, wie in diesem Moment!

Vorbereitungen und Ernährung waren top. Die Umfänge, die ich trainieren konnte, passten. Auch in Anbetracht mit 2 kleinen Kindern zuhause. Was ich auch positiv mitnehme ist, dass mein Ernähungsplan komplett aufgegangen ist, und ich zu keiner Zeit auch nur annähernd Probleme hatte.